Medizinische-Kompressionstherapie-der-Extremitaeten_ronald_beyerlein

Medizinische Kompressionstherapie der Extremitäten

Die medizinische Kompressionstherapie soll integraler Bestandteil der Therapie phlebologischer Krankheitsbilder sein. Sie kann mit medizinischen Kompressionsstrümpfen, phlebologischen Kompressionsverbänden oder medizinische adaptive Kompressionssysteme erfolgen. Voraussetzung sind spezielle Kenntnisse und Erfahrungen sowohl hinsichtlich Diagnose, Differentialdiagnose, Risiken und Kontraindikationen als auch in der Verordnung zeitgemäßer Kompressionsmaterialien und der Technik des Anlegens.

Definition

Die Therapie mit medizinischen Kompressionsstrümpfen oder mit phlebologischen Kompressionsverbänden ist in der Behandlung phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen der Beine und Arme unverzichtbar. Der medizinische Kompressionsstrumpf besteht aus einem strumpfförmigen elastischen Gestrick, der phlebologische Kompressionsverband erreicht seine Wirksamkeit durch das Anlegen von elastischen und / oder unelastischen Binden. Es stehen auch fertige Bindensysteme, sogenannte Mehrkomponentensysteme, medizinische adaptive Kompressionssystem sowie mehrlagige Strumpfsysteme, sogenannte Ulkus-Strumpfsysteme, für die Therapie des Ulcus cruris zur Verfügung.

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Medizinische Kompressionsstrümpfe und phlebologische Kompressionsverbände haben elastische Eigenschaften, so dass ein kontinuierlicher definierter Druck auf die Extremität ausgeübt wird. Sie steigern den venösen und lymphatischen Abstrom und verbessern die venöse Pumpfunktion. Während phlebologische Kompressionsverbände (mit Binden, Bindensystemen) oder medizinische adaptive Kompressionssysteme üblicherweise in der Entstauungsphase zum Einsatz kommen, werden medizinische Kompressionsstrümpfe oder Ulkus-Strumpfsysteme in der längerfristigen Therapie- und Erhaltungsphase und medizinische Kompressionsstrümpfe in der Prävention genutzt.

Der phlebologische Kompressionsverband kann als Wechsel- wie auch als Dauerverband konzipiert werden. Ein Wechselverband wird täglich neu angelegt und im optimalen Falle auch über Nacht belassen. Demgegenüber verbleibt der Dauerverband, z. B. mit Mehrkomponentensytemen, über einen längeren Zeitraum, meist über mehrere Tage, auch über Nacht. Der phlebologische Kompressionsverband schließt in der Regel Fuß- und Sprunggelenk ein und reicht entweder bis zum Fibulaköpfchen oder bis zum proximalen Oberschenkel.

Zu unterscheiden ist zwischen den einzelnen Binden und dem Verband. Durch das übereinander Wickeln von Binden in mehreren Schichten sowie bei Verwendung unterschiedlicher Materialien ändern sich die elastischen Eigenschaften des resultierenden Gesamtverbandes und damit auch die Stiffness. Demnach kann ein phlebologischer Kompressionsverband, der aus mehreren Lagen von einzelnen elastischen Binden besteht, am Bein letztendlich die Eigenschaften eines unelastischen Verbandes annehmen. Analoges gilt für die adhäsiven und kohäsiven Binden. Allerdings ist ein phlebologischer Kompressionsverband, der aus mehreren Komponenten oder Lagen besteht, förderlicher für die Abheilung als einer mit nur einer Komponente oder Lage 1- 3. Medizinische adaptive Kompressionssysteme werden auch als Klett- oder Wrap-Verbände bezeichnet. Sie bestehen aus meist wenig elastischen Materialien und werden mit Klettverschlüssen eingestellt oder Ähnlichem, z. B. Häkchen, befestigt. Angelegt weisen die Systeme eine meist hohe Stiffness auf. Sie können aus Waden-, Oberschenkel- und Fußkomponenten sowie Arm- und Handkomponenten bestehen. Medizinische adaptive Kompressionssysteme können ggf. vom Patienten, wenn dieser noch ausreichend beweglich ist, selbständig angelegt werden, aber auch für Therapeuten, Angehörige oder Pflegepersonal wird die Anlage durch das Klettsystem erleichtert. Dies fördert die Autonomie des Patienten und unterstützt somit seine Adhärenz.

Die Anwendung der medizinischen Kompressionstherapie erfordert spezielle Kenntnisse und Erfahrungen sowohl hinsichtlich Diagnose, Differentialdiagnose, Risiken und Kontraindikationen als auch in der Verordnung zeitgemäßer Kompressionsmaterialien und der Technik des Anlegens.

Bei der Auswahl des Kompressionsmaterials spielt auch das Alter der Patienten und der Zustand der Haut, der Muskulatur und des Bindegewebes eine Rolle. Das Gewebe bei geriatrischen Patienten ist häufig sehr empfindlich so dass Material und Druck angepasst werden müssen.

(Quelle: Leitlinie: Medizinische Kompressionstherapie der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf (MKS), Phlebologischem Kompressionsverband (PKV) und Medizinischen adaptiven Kompressionssystemen (MAK)AWMF-Registernummer: 037/005)